Die ältesten Bäume der Welt unter dem Mikroskop

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Im Frühjahr 2023 konnte ich auf meiner USA Reise nicht nur Material vom Küstenmammutbaums sammeln, sondern auch vom ältesten Baum der Welt, der langlebigen Kiefer (Pinus longaeva).

1 Die langlebige Kiefer

1.1 Die kalifornischen White Mountains

Die Langlebige Kiefer (Pinus longaeva) ist eine Baumart, die in den westlichen Bundes­staaten der USA wächst (Kalifornien, Nevada, Utah) und dort in Höhen zwischen 2200 m und 3700 m vorkommt. Ursprünglich wurde die Art zu den Grannenkiefern (Pinus aristata) gezählt, seit den 1970er-Jahren gilt sie als eigene Art. Umgangssprachlich werden beide Arten im Englischen als „Bristlecone pine“ bezeichnet.

Die langlebige Kiefer wird bis zu 4800 Jahre alt und stellt somit, ihrem Namen entsprechend, die langlebigste Baumart auf unserem Planeten dar. Selbst nach ihrem Tod bleiben die Bäume aufgrund des dauerhaften Holzes über viele Jahrhunderte stehen.

Das bekannteste Vorkommen der Art liegt in den kalifornischen White Mountains, einer Berg­kette östlich der Sierra Nevada. Der namensgebende White Mountain (Abbildung 10 a) ist 4344 m hoch und liegt nordöstlich des höchsten Berges der „contiguous United States“, dem Mount Whitney (4421 m). Zwischen den beiden Bergen und über 2500 m tiefer gelegen liegt das Owens Valley. Die westlich des Owens Valley gelegene Sierra Nevada ist in manchen Jahren (z.B. 2023) extrem niederschlagsreich, die östlich gelegenen White Mountains liegen im Niederschlagsschatten und weisen bereits ein Wüstenklima auf. Aufgrund der klimatischen Kontraste und der ausgeprägten Höhenunterschiede bietet die Gegend fantastische Land­schaften.

Bedingt durch die trockenen, sehr heißen Sommer und die kalten Wintermonate sind die White Mountains sehr lebensfeindlich, und in größeren Höhen wächst kaum etwas mit Aus­nahme der sehr widerstandsfähigen Kiefern. Die Wachstumsperioden sind extrem kurz, was einer der Gründe für die Langlebigkeit von Pinus longaeva ist.

Abbildung 1: White mountain peak (a) und abgestorbene langlebige Kiefer (b).

Abbildung 1 b zeigt einen bereits abgestorbenen Baum, die knorrigen Baumgestalten könn­ten die Vorbilder für den Baumbart aus der Trilogie „Herr der Ringe“ sein. Abbildung 2 a, aufgenommen im Umgebung des Ancient Bristlecone Pine Forest auf ca. 2800 m Höhe, zeigt, wie konkurrenzlos der Baum in diesem harschen Klima wächst. An manchen Stellen hat man das Gefühl, dass die Bäume direkt aus den Felsen herauswachsen. Weiter oben bildet der Baum die Vegetationsgrenze, bevor die Steinwüste des namensgebenden Gipfels der White Mountains beginnt (Abbildung 2 b). Mit dem Auto kann man bis zum Besucher­zentrum fahren, das auf einer Höhe von ca. 3000 m liegt. Wenn ausreichend Bodenfreiheit vorhanden ist, geht es auf einer groben Schotterpiste weiter bis auf ca. 3500 m, der Rest der Strecke auf den 4344 m hohen Gipfel muss zu Fuß (bzw. Mountainbike) absolviert werden.

Abbildung 2: Langlebige Kiefern in den kalifornischen White Mountains

1.2 Mikroskopische Unterschungen des Holzes

In Kalifornien sind die langlebigen Kiefern streng geschützt. Es dürfen weder lebende noch abgestorbene Teile des Baumes gesammelt werden. In anderen Bundesstaaten gibt es je­doch Wälder in Privatbesitz, wo mit Erlaubnis des Eigentümers zumindest abgestorbenes Holz gesammelt werden darf. Es gibt daher eine kunsthandwerkliche Nutzung des Materials, unter anderem kann man Getränkeuntersetzer aus dem Holz erwerben, und so wurden die Proben für die folgenden Untersuchungen organisiert. Es ist allerdings unklar, ob das Holz von Pinus longaeva oder Pinus aristata stammt. Es kann angenommen werden, dass sich das Holz der beiden Arten kaum unterscheidet.

Abbildung 3: Scheiben des Holzes der Grannenkiefer (a) und ein Blöckchen wird am Mikrotom geschnitten (b).

Mit einem Stemmeisen und einem Hammer wurden aus den Holzscheiben (Abbildung 3 a) kleine Würfel geschnitten (ca. 1x1x1 cm3), um daraus Schnitte mit dem Mikrotom herzu­stellen. Für Tangential- und Radialschnitte funktioniert das am Schlittenmikrotom (Abbildung 3 b) gut, und 20 μm dicke Schnitte ließen sich problemlos schneiden. Für dünne Quer­schnitte ist das Holz aber zu hart, und die Würfel mussten deshalb für 2 – 3 h in einer 1 : 1 Mischung aus Glycerin und destilliertem Wasser gekocht werden. Danach ließen sich auch Querschnitte mit 20 μm Dicke sehr gut herstellen.

Die folgenden Bilder zeigen die erhaltenen Aufnahmen der Schnitte. Schnittrichtung und ver­wendetes Objektiv sind jeweils angegeben. Im Querschnitt (Abbildung 4) erkennt man schön die Jahresringe. Deutlich sichtbar sind die sehr unterschiedlichen Dicken der ein­zelnen Ringe: Während in schlechten Jahren ein Dickenzuwachs von ca. 100 μm zu be­obachten ist, wächst der Durchmesser in guten Jahren über 300 μm. Die im Folgenden ver­wendeten Bezeichnungen orientieren sich an den Abkürzungen in [2].

Die Harzkanäle (HK) sowie die Holzstrahlen (HS) sind im Bild markiert, ebenso das Frühholz (FH) und Spätholz (SH). Mit dem 40x-Objektiv in Abbildung 4 zeigt ein Detail des Quer­schnittes, hier sieht man jetzt auch die Fenstertüpfel (FT) im Holzstrahl.

Abbildung 4: Mikroskopische Aufnahme eines Querschnittes.

Im Tangentialschnitt (Abbildung 5) sind die Holzstrahlen quer angeschnitten. In der Detailansicht ist ersichtlich, dass die Holzstrahlen einreihig sind. Bei 40-facher Vergrößerungen sind die Fenstertüpfel gut erkennbar.

Abbildung 5: Mikroskopische Aufnahme des Tangentialschnittes.

Im Radialschnitt (Abbildung 6) sind die angeschnittenen Holzstrahlen sowie die Jahresringe gut zu erkennen. Die Detailaufnahme zeigt die Fenstertüpfel sowie die Hoftüpfel (HT).

Abbildung 6: Mikroskopische Aufnahme des Radialschnittes.

1.3 Mikroskopische Unterschungen der Nadel

Neben dem Holz können auch Nadeln in ähnlicher Weise gefärbt werden. In Abbildung 16 ist ein gefärbter Querschnitt (Färbung Etzold FCA) der Nadel einer Grannenkiefer (Pinus aristata) aus dem botanischen Garten der Universität Wien dargestellt. Der Aufbau zeigt viele Ähnlichkeiten mit dem Aufbau einer Nadel unserer heimischen Waldkiefer (Pinus syl­vestris) [2]. So ist der dünne Saum der Cuticula (gelb gefärbt) erkennbar, ebenso die rosarot gefärbte Epidermis. Mehrere Harzkanäle sind sichtbar, die im Inneren und am Rande des Parenchyms liegen. Die innerhalb der Endodermis vorhandenen Gewebe unterscheiden sich von ihrer Form her, jedoch sind sowohl Phloem als auch Xylem sichtbar. Die äußere Form der Nadel ist ebenfalls unterschiedlich, trotz der relativ nahen Verwandtschaft der beiden Arten.

Abbildung 7: Gefärbter Querschnitt einer Nadel der Grannenkiefer.

2 Färbeprotokolle

Die Proben werden in AFE (Alkohol-Formalin-Essigsäure) zumindest 24 h fixiert und danach in 70 % Ethanol gelagert. Geschnitten wurde am Schlittenmikrotom in Dicken zwischen 20 und 50 μm. Die Schnitte wurden in Aqua dest. überführt, um Lösungsmittelrückstände zu entfernen. Danach erfolgt die Färbung mit dem Farbstoff Etzold FCA (Fuchsin-Chrysoidin-Astrablau) entsprechend folgendem Protokoll:

  • 5 min Färbung in Etzold FCA-Lösung
  • Farbstofflösung mit Pipette absaugen
  • Reinigung in Aqua dest. bis keine Farbwolken mehr abgehen
  • Überführung in Isopropanol in 3 Stufen. Die ersten zwei Stufen im schnellen Wechsel, um ein übermäßiges Ausziehen des roten Farbstoffes zu vermeiden. Ziel ist es, alles Wasser zu entfernen, um Probleme beim Eindecken zu vermeiden.
  • Eindecken in Euparal

3 Danksagung

Wir danken dem botanischen Garten der Universität Wien für die Bereitstellung der Nadeln einer Grannenkiefer.

4 Literatur

[1] Botanik: Holz der Langlebigen Kiefer/Grannenkiefer (Pinus longaeva) https://www.mikroskopie-forum.de/index.php?topic=46630.0, aufgerufen am 12.8.2024

[2] G. Wanner, Mikroskopisch-botanisches Praktikum, 3. Auflage, 2017, Thieme

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